Grüne in Halver unterwegs in Berlin – ein Erlebnisbericht 12. September 202412. September 2024 | Martin Donat Darum geht‘s:Politik und Bahnverspätung: Erste Erkenntnisse auf der HinfahrtDer Rechtsruck und mein Wunsch nach Veränderung(K)eine Gruselgeschichte: Die Topografie des TerrorsZwischen Stammtisch-Parolen und demokratischen Lösungen im BundestagGrüne in Halver: Was ich aus Berlin mit nach Hause nehme Ich und Politik? Dass ich nicht lache! Das ist doch Vereinsmeierei, Herumgeklüngel, Herumgesitze und am Ende kommt ohnehin nichts Vernünftiges dabei heraus. Ich muss selber anpacken und es muss etwas dabei passieren – wenn möglich nicht erst in drei Jahren. Ob die Arbeit in einer Partei – vielleicht Grüne in Halver – nichts für mich wäre? So in der Art hätte meine Antwort auf diese Frage vor einiger Zeit noch geklungen, wenn du mich gefragt hättest. Und jetzt habe ich die Tasche gepackt für eine „politische Informationsfahrt nach Berlin“. Mit den Grünen. Eingeladen von der grünen Bundestagsabgeordneten Laura Kraft aus dem Siegerland. Wie konnte es dazu kommen? Politik und Bahnverspätung: Erste Erkenntnisse auf der Hinfahrt Bereits auf der Hinfahrt – oder sollte ich besser sagen: bei dem Versuch – wird deutlich: Politik hat unmittelbare Auswirkungen auf unseren Alltag. Die Bahn hat satte 120 Minuten Verspätung. Unsere Reisegruppe (Grüne aus Halver, Lüdenscheid, Neuenrade und aus Kierspe) steht sich am Hagener Hauptbahnhof die Beine in den Bauch. Das geht ja gut los! Wir nehmen es mit Humor, sodass die Wartezeit recht schnell vergeht. Die verspätete Bahn ist ein Symptom dessen, warum ich überhaupt an dieser Fahrt teilnehme. Sie verkörpert zahlreiche Probleme dieser Zeit – zugegeben eines der kleineren. Die Bahn steht für verpasste Chancen und für falsche Prioritäten der Politik in den vergangenen Jahrzehnten. Die Ergebnisse davon fliegen uns derzeit reihenweise um die Ohren. Während es mir bei einer Bahnverspätung noch gelingt, die Sache mit Humor zu nehmen, mache ich mir in vielerlei Hinsicht mehr Sorgen. Der Rechtsruck und mein Wunsch nach Veränderung Vor allem der derzeitige Rechtsruck in unserer Gesellschaft bereitet mir Kopfschmerzen. Warum ist das so und was kann ich dagegen tun? Ich habe darauf keine Antwort. Immerhin bin ich mir absolut sicher, was nicht hilft: Abwarten, sich selbst ein schönes Leben machen und hoffen, dass es schon wird. Diese Einstellung ist heute für mich nicht mehr tragbar. Der Wunsch danach, mich sinnvoll in diese Gesellschaft einzubringen, führte mich zu den Grünen nach Halver. Kaum dabei, flatterte die Einladung nach Berlin in mein E-Mail-Postfach. Und nun warte ich seit zwei Stunden auf den Zug. Ob mich diese Fahrt weiterbringt? Noch bin ich mir unsicher. Ich war schon oft in Berlin und bin politisch auch nicht gänzlich ungebildet. Offen gesagt sind meine Erwartungen relativ gering. Aber was habe ich zu verlieren? Im schlimmsten Fall habe ich nur eine schöne Zeit in Berlin und lerne vielleicht ein paar nette Leute kennen. Letzteres klappt beim gemeinsamen Warten schon mal ziemlich gut! Unser Zug hat es nach Berlin geschafft! Das defekte Stellwerk hat den Spaziergang am Brandenburger Tor „geschluckt“. Also befördert uns der Reisebus direkt zur Landesvertretung NRW. Die befindet sich mitten im Diplomatenviertel von Berlin zwischen der japanischen Botschaft und jener der Vereinigten Arabischen Emirate. Warum ist sie genau hier? Das erklärt uns Johannes Schmitz, Leiter der Fachpolitik Umwelt, Naturschutz und Verkehr. Im schicken Meetingraum des modernen Gebäudes in der Hiroshimastraße hören wir ihm zu. Was das Land NRW hier macht, ist laut Schmitz im Endeffekt sehr ähnlich mit der Arbeit der Diplomaten rundherum. Es geht viel um persönliche Beziehungen. Darum, vor Ort Gesicht zu zeigen und die Interessen des Landes NRW zu vertreten. Die Verknüpfungen von Bundestag und Bundesrat passen thematisch gut in den kurzen, aber informativen Vortrag. Dann folgt der zweite und letzte Programmpunkt für heute. Zwei Bilder, denen man … … wirklich nichts hinzufügen muss. (K)eine Gruselgeschichte: Die Topografie des Terrors „Topografie des Terrors“ lautet der Name einer Ausstellung in Kreuzberg. Sie wurde genau dort errichtet, wo sich im „Dritten Reich“ die zentralen Institutionen von SS und Polizei befanden. Vor ein paar Jahren noch hätte ich diesen Besuch als eine nette Exkursion in die Deutsche Geschichte abgetan. Im aktuellen gesellschaftlichen Kontext fasst ein Zitat vom deutschen Maler (jüdischer Herkunft) Max Liebermann meine Gefühlswelt perfekt zusammen: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte“. Liebermann sagte das am Tag der Machtübergabe an die Nationalsozialisten. Wenn er sich heute fast täglich verharmlosende oder verleugnende Äußerungen über diese Zeit anhören müsste, würde ihm seine Berliner Currywurst garantiert wieder hochkommen. Er müsste dabei zusehen, wie sich solches Gedankengut in den sozialen Medien immer mehr als „cool“ etabliert – obwohl wir es heute wirklich besser wissen müssten. Da ich noch nichts gegessen habe, bleibt bloß ein dicker Kloß im Hals. Die Topografie des Terrors stellt deutlich und unverblümt dar, wie menschenverachtend das Nazi-Weltbild ist. Ist nie wieder jetzt? Meine Fragezeichen werden immer größer – während die Stimmung auch bei vielen anderen in der Gruppe äußerst gedrückt ist. Am zweiten Tag unserer Berlin-Reise steht ein Besuch im EU-Verbindungsbüro des Europäischen Hauses an. Das befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Brandenburger Tor, sodass doch noch alle ihre Touri-Selfies schießen können. Im Haus erwartet uns gediegener Vorlesung-Flair durch Professor Dr. Eckart D. Stratenschulte. Der lehrt sonst an der Freien Universität Berlin. Unterhaltsam gibt er viele spannende Einblicke in die Funktionsweise der Europäischen Union und deren Verknüpfungen mit der deutschen Politik. Ich bin fast schon ein wenig beschämt darüber, wie vieles davon ich bisher gar nicht wusste. Umso bemerkenswerter finde ich es, dass auch das Europahaus – wie schon gestern die Landesvertretung NRW – seine Türen gern für Gruppen wie die unsere öffnet. Professor Stratenschulte gewährt uns viele Einblicke und beantwortet zahlreiche Fragen. Der folgende Programmpunkt „erdet“ die Stimmung wieder etwas. Der „Tränenpalast“ direkt am Bahnhof Friedrichstraße ist ein bewegender Ort der Erinnerung an die Zeit der deutschen Teilung. Einst war er der Abschiedsort am Grenzübergang zwischen Ost- und West-Berlin. Hier wurden Familien und Freunde oft unter Tränen voneinander getrennt. Das Gebäude bekam so seinen Namen verpasst. Heute erzählt eine Ausstellung die Geschichten von Mut, Schmerz und Hoffnung der Menschen, die hier durch die brutale Realität des Kalten Krieges gingen. Später schlendere ich noch durch Berlin. Ich kann mir trotz der vielen Eindrücke nur schwer vorstellen, wie es in dieser lebendigen Stadt zur Zeit der deutschen Teilung ausgesehen haben muss. Zwischen Stammtisch-Parolen und demokratischen Lösungen im Bundestag Das Nachmittagsprogramm hat das Zeug dazu vergnüglicher zu werden. Wir besuchen eine Plenarsitzung im Bundestag. Wir treffen unsere Gastgeberin Laura Kraft und steigen zum Schluss noch auf die berühmte gläserne Kuppel des Bundestags. Sie wurde vom britischen Architekten Sir Norman Foster entworfen. Er führte die umfassende Renovierung des Reichstagsgebäudes in den 1990er Jahren durch. Seine Idee war eine moderne Ergänzung zu dem historischen Bauwerk, dessen Äußeres ich sehr gruselig finde. Die modernen Akzente lockern das zum Glück etwas auf. Sie sollen Transparenz und Zugänglichkeit der Demokratie symbolisieren. Dass einer der wichtigsten Arbeitsplätze unserer Regierung so offen für Besuch ist, finde ich jedenfalls bemerkenswert. Was mich im Inneren des Plenarsaals erwartet, wirkt dennoch – mal wieder – etwas verstörend auf mich. So kennen wohl die meisten den Bundestag. Doch was befindet sich hinter den dicken Mauern aus Stein? Aus dem Fernsehen kennt man ja nur Ausschnitte der oft hitzigen Diskussionen, die anscheinend in diesem Plenarsaal geführt werden. Meine Hoffnung war, dass es hier vor Ort im Gesamtkontext vielleicht doch etwas gesitteter und sachlicher zugeht. Während der einstündigen Debatte zum Haushalt für den Bereich Ernährung und Landwirtschaft ist die Eröffnungsrede durch Cem Özdemir beinahe das einzige Sachliche, was mir zu Ohren kommt. Anschließend geben die verschiedenen MinisterInnen ihr Bestes, um die jeweils anderen zu diskreditieren. Die Abgeordneten der AFD lassen keine Chance für hämisches Lachen und abwertende Rufe in den Saal aus, als wollten sie sagen: wartet mal ab, bis wir hier endlich aufräumen. Richtig skurril wird es, als sich Dr. Gero Clemens Hocker von der FDP mit einem CDU Abgeordneten battelt: Beide sind der Meinung, dass ihre jeweilige Partei zum übergroßen Glück der Allgemeinheit das giftige Pflanzenschutzmittel Glyphosat vor einem sofortigen Verbot gerettet hat. „Wer sich nicht bewegt, hat vieles im Sinn, aber ganz bestimmt nicht das Wohl unserer Landwirtschaft“, sagte Özdemir zu Beginn der Sitzung. So wirklich hörte ihm anscheinend niemand zu. Imposant – das innere der Reichstagskuppel. Offen gestanden bin ich ziemlich schockiert über das Stammtisch-Niveau der Debatte. Diese Frage muss ich später beim Treffen mit Laura Kraft unbedingt loswerden: Ist es nicht frustrierend, wenn man wochenlang in irgendwelches Ausschüssen um sinnvolle Lösungen ringt und diese dann im Plenarsaal derart plump zerrissen werden? Zwar gibt mir Laura recht: Es ist oft sehr frustrierend. Sie versichert mir aber auch, dass es hinter den Kulissen in den Ausschüssen lösungsorientierter zugeht. Der Plenarsaal ist sozusagen der „Showroom“ der Demokratie, in dem alle Parteien ihre Positionen öffentlich „verkaufen“. Da ist also ganz viel Taktik im Spiel – ein wenig so wie auf dem Jahrmarkt. Umso wichtiger ist es, Äußerungen zu hinterfragen und zu schauen, was die einzelnen Parteien mit ihren Lösungsansätzen tatsächlich für Ziele verfolgen. Alle diese Informationen gibt es – ob hier vor Ort, online oder im persönlichen Gespräch. Das Problem dabei: Wer sich nicht die Mühe macht, nachzufragen und nach Antworten zu suchen, bleibt auf populistischen Schlachtrufen, reißerischen, oft auch noch sachlich völlig falschen Social Media Memes und Tik Tok Clips sitzen. Leider sind diese Formate nicht besonders gut geeignet, um Lösungsansätze für komplexe Probleme hinreichend zu erläutern. Aber genau darum geht es ja auch meist schon längst nicht mehr … Prof. Stratenschulte im Europahaus Laura Kraft (MdB) und Martin Donat (Grüne in Halver) vor dem Plenarsaal im Bundestag Am dritten Tag der Berlinreise besuchte die Reisegruppe aus dem Sauerland das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Das Treffen mit Laura ist toll. Sie nimmt sich viel Zeit für uns und beantwortet ausführlich alle unsere Fragen. Danach geht sie noch fürs Gruppenfoto mit uns auf die Kuppel und entlässt uns schließlich ins Berliner Nachtleben. Das beginnt mit einem echt leckeren veganen Burger und endet ganz anders als erwartet. Ich war noch nie in einer Karaokebar. Ich werde vermutlich auch nie wieder eine betreten. Trotzdem ist der Abend großartig! Aber: Was in der Karaokebar passiert, bleibt in der Karaokebar. Der dritte Berlin-Tag führt uns ins Ministerium für Wirtschaft und Klima. Auch hier bekommen wir spannende Einblicke und viele Antworten auf unsere Fragen. Bedauerlicherweise nicht vom Chef, Robert Habeck, persönlich. Trotzdem ist es interessant und beeindruckend zu sehen: In diesem riesigen Gebäudekomplex setzen mehr als 2.000 Mitarbeitende das um, was ein paar Blöcke weiter beschlossen wird. Da muss man erst mal den Überblick behalten! Apropos: Einen super Überblick haben wir noch beim Mittagessen auf dem Fernsehturm. Ich finde es ziemlich schlimm, auf mehr als 200 Meter Höhe in so einem alten Konstrukt gefangen zu sein. Die Aussicht von dort oben ist aber ohne jeden Zweifel grandios! Von unten schon beeindruckend. Oben auf der Platform waren einige BesucherInnen sichtlich angespannt … Grüne in Halver: Was ich aus Berlin mit nach Hause nehme Um die Zeit bis zur (hoffentlich pünktlichen) Abfahrt unseres Zuges zu überbrücken, wage ich noch einen privaten Test der „Jelbi“-App. Die hat man sich bei der BVG ausgedacht, um Mobilität in einer einzigen App zusammenzufassen. In Jelbi werden neben den BVG-Angeboten mit Bus und Bahn auch weitere Unternehmen integriert. Etwa der Carsharer Miles, die Elektro-Roller von Emmy und die Mieträder von Nextbike. Du gibst einfach dein Ziel ein und hast dann die volle Auswahl an Verkehrsmitteln. Je nach Lust, Laune und Zeitbudget entscheidest du dich dann: Nimmst du einen E-Roller, die S-Bahn, das Carsharing-Auto oder gehst du doch zu Fuß? Du bezahlst bei der Ankunft zentral über die App deine Fahrt. Und was soll ich sagen? Das funktioniert wirklich großartig! So einfach und vor allem so vielseitig kann Mobilität sein. Einziger Wermutstropfen: Meine Fahrt mit dem Elektro-Roller ist nicht gerade besonders günstig. Zum Abschluss der Reise verwöhnt uns die Bahn mit beinahe übertriebener Pünktlichkeit. Doch auch ohne sie wäre mein Fazit dieser Reise erstaunlich positiv ausgefallen. Ich hatte nicht damit gerechnet, so viel über unsere Demokratie zu lernen. Ich würde mir wünschen, dass viel mehr Bürger dieses Landes derartige Eindrücke zulassen und suchen würden. Vieles „Da oben“ ist wahnsinnig komplex und ich werde es wohl nie ganz durchblicken. Was aber ganz einfach zu verstehen ist: Jede und jeder kann bei Demokratie mitmachen! Am einfachsten mit dem Kreuz auf einem Wahlzettel. Aber auch durch Gespräche mit Abgeordneten, durch ehrenamtliches Engagement oder in einer Partei vor Ort. Wer sich für die Arbeit von „denen da oben“ interessiert und nicht einfach alles glaubt, was Tik Tok oder auch der Nachbar von nebenan heraus posaunen, hat schon den ersten wichtigen Schritt getan.
Nahverkehr im Märkischen Kreis: Deine Meinung zählt! 26. Oktober 202426. Oktober 2024 Der Märkische Kreis arbeitet aktuell an der Fortschreibung seines Nahverkehrsplans (NVP) 2025. Hierbei geht es darum, den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) für alle besser und attraktiver zu gestalten. Damit besser auf die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen im Kreis eingegangen werden kann, ist deine Meinung gefragt!
Dinner für Demokratie: Ein Abend für Vielfalt und Zusammenhalt 7. August 20248. August 2024 Es wird ein besonderes Event: das „Dinner für Demokratie“. Eingeladen sind alle Bürgerinnen und Bürger von Halver, um in ungezwungener Atmosphäre lecker zu essen und ein Zeichen für Vielfalt und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu setzen. Wir sprachen mit den beiden Ideengeberinnen zur Veranstaltung, Sina Löschke und Jana Schrage. In diesem Interview erfährst du mehr über die beiden und ihre Idee.